Förderung des Selbstmanagements bei Angehörigen
Oft wenden sich die Angehörigen[1] an die Patienten- und Ombudsstellen AG/SO. Sie informieren sich zu Rechtsgrundlagen, Kosten, Leistungserbringung und -qualität oder wünschen unsere Vermittlung bei Konflikten.
Angehörige sorgen sich um das Wohlergehen ihrer Nächsten und setzen sich für deren Anliegen ein. Dieses Engagement verdient grösste Anerkennung. Wir danken Ihnen als Angehörige für Ihre wertvolle Arbeit.
Angehörige leisten einen unverzichtbaren Einsatz für nahestehende Menschen und für die Gesundheitsversorgung in der Schweiz. Die damit einhergehenden Belastungen können Angehörige an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit bringen. Angehörige haben ein erhöhtes Risiko, selbst krank zu werden. Mit Selbstmanagement-Kompetenzen können Angehörige den Veränderungen und Herausforderungen, die durch ihr Engagement entstehen, aktiv begegnen (Bundesamt für Gesundheit (BAG), 2020).
Angehörige wenden viel Zeit, Energie und Zuwendung auf
Angehörige kochen, waschen, putzen, erledigen den Einkauf, helfen bei der Körperpflege, leisten Gesellschaft, begleiten zu Terminen, kümmern sich um finanzielle Angelegenheiten und organisieren Unterstützungsangebote (Höpflinger, 2018). Neben diesen praktischen Unterstützungen zur Bewältigung des Alltags leisten Angehörige wichtige Beziehungsarbeit, indem sie da sind, Trost spenden, Mut machen und Wertschätzung äussern (BAG, 2020). Dieses wertvolle Engagement der Angehörigen wird im Beratungsalltag der Patienten- und Ombudsstellen deutlich. Beispielsweise erreichten uns Anfragen zu den eingeschränkten Besuchsrechten in Institutionen aufgrund der Pandemie Covid-19.
«Seit Wochen ist das Spital für Besucher geschlossen. Mein Mann fehlt mir und ich ihm sicher auch. Da reichen Telefongespräche nicht» (Frau Ott).
Pflege und Betreuung von nahestehenden Personen kann erfüllend und befriedigend sein, jedoch auch zur Belastung werden. Damit langfristig keine Überlastung entsteht, ist es für Angehörige wichtig, auf ihre Belastungssituation zu achten, ihre Ressourcen zu stärken und ihre Belastungen abzubauen. Selbstmanagement-Förderung unterstützt Angehörige dabei (BAG, 2020).
Was bedeutet Selbstmanagement der Angehörigen?
Selbstmanagement beinhaltet all das, was Angehörige tun, um die Veränderungen und Herausforderungen in ihrem Leben, die ihr Engagement mit sich bringen, zu bewältigen und aktiv Lösungen zu finden (BAG, 2020).
Die Förderung des Selbstmanagements bei Angehörigen stärkt ihre Kompetenzen und ihre Selbstwirksamkeit, das heisst das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Dies in den Bereichen
Umgang mit der Betreuungs-/Pflegesituation. Zum Beispiel: Wie organisiere ich den Alltag von mir und der zu betreuenden Person?
«Ich habe meinen Tagesablauf auf meinen Mann abgestimmt, wir kochen zusammen das Mittagessen» (Frau Frei)
Beachtung der körperlichen und seelischen Gesundheit. Zum Beispiel: Wie gehe ich Gefühlen und Ängsten um?
«Die körperliche Belastung kann ich teilweise abgeben, aber das Nachlassen der geistigen Fähigkeiten meines Mannes, das tut weh. Dann hole ich Bilder und Gedanken aus den guten Zeiten hervor, das macht mich dankbar und gibt mir Energie» (Frau Matter).
Nutzung von Unterstützungsleistungen.
«Erst habe ich gemeint, es geht auch ohne Spitex. Aber nun möchte ich nicht mehr darauf verzichten» (Herr Suter).
Umgang mit Auswirkungen auf das soziale und berufliche Leben. Zum Beispiel: Wie verändert sich das Leben in der Familie und Partnerschaft? Wie organisiere ich meine berufliche Tätigkeit und meine Freizeitaktivitäten?
«Bestenfalls kann ich zwei Stunden weg in die Dorfmusik. Aber nach der Probe gehe ich meistens gleich nach Hause» (Herr Meier).(BAG, 2020)
Wie können Angehörige Ihr Selbstmanagement fördern?
Angehörige können ihr Selbstmanagement fördern, indem sie ihr Wissen erweitern, ihre Motivation erkunden und Kompetenzen entwickeln. Die drei Bausteine des Selbstmanagement sind: Wissen, Motivation und Kompetenzen.
Um den Alltag mit der Krankheit der zu betreuenden Person besser gestalten zu können, hilft Wissen über die Situation, über bestimmte Krankheiten, deren Verlauf und Behandlungsmöglichkeiten.
«Ich stellte immer und immer wieder Fragen – Können sie mir das erklären? Was genau meinen sie damit? usw.» (Frau Müller).
Es braucht Motivation, sich für eine nahestehende Person zu engagieren. Für Angehörige ist es wichtig, sich bewusst zu werden, welche Beweggründe sie leiten. Handeln sie zum Beispiel aus Liebe, Zuneigung, Verantwortungsgefühl oder Angst vor Vorwürfen.
«Es pflegt ihn niemand wie ich und trotzdem müsste man ihn langsam weggeben.» (Frau Widmer)
Angehörige benötigen Kompetenzen, die ihnen erlauben zu handeln; dies im Umgang mit der Krankheit der nahestehenden Person, mit Gefühlen, mit dem Versorgungssystem und mit den Folgen ihres Engagements auf ihr Leben.
«Ich habe nicht geschumpfen, ich liess sie einfach. Sie kann jetzt gar nicht anders, es ist ihre Situation» (Herr Sommer).
(BAG & Schweizerische Gesundheitsligen-Konferenz (GELIKO), 2018; BAG, 2020)
Welche Angebote zur Förderung des Selbstmanagements gibt es?
Angebote zur Förderung des Selbstmanagements sind in der Publikation «Selbstmanagement-Förderung bei betreuenden Angehörigen» (BAG, 2020) beschrieben.
Der Ratgeber «Zwischen Beruf und Familie» (Höpflinger, 2018) gibt praktische Tipps und informiert, welche Unterstützungsmöglichkeiten, auch finanzieller Art, es gibt.
Als Angehörige_r sind Sie Experte_in Ihrer Situation. Überwinden Sie als Selbstmanager_in Hindernisse und achten Sie auf Ihre Bedürfnisse! Wir wünschen Ihnen gute Erfahrungen und glückliche Momente.
[1] „Angehörige“ schliesst in diesem Artikel alle unterstützenden, betreuenden und pflegenden Angehörige ein.